Der Konjunktiv I – Bildung und Zeitformen

Wenn ihr in eurem Lernprozess schon etwas weiter fortgeschritten seid, habt ihr sicher schon etwas über den Konjunktiv I gehört. Wie der Konjunktiv II oder der Imperativ zählt der Konjunktiv I zu den Modi der deutschen Sprache.

Wir brauchen den Konjunktiv I für die indirekte Rede und er ist wichtig, weil er vor allem in der gehobenen Schriftsprache notwendig ist.

In diesem Beitrag geht es um die Bildung und die Zeiten, in denen der Konjunktiv I gebraucht werden kann.

Warum braucht man den Konjunktiv I?

Der Konjunktiv I ist immer dann notwendig, wenn man Aussagen, Meinungen und Behauptungen anderer Personen wiedergeben möchte. Mit dem Konjunktiv I macht man deutlich, dass diese Aussagen, Meinungen oder Behauptungen von diesen anderen Personen stammen und man sie nur wiedergibt.

Dies passiert meistens im Journalismus, oft auch in Politik, Wirtschaft und Justiz, aber auch in der Wissenschaft, wenn Aussagen und Meinungen wiedergegeben oder nicht wörtlich zitiert werden. Ihr findet den Konjunktiv I häufiger in der Schriftsprache als in der mündlichen Kommunikation. Zum Beispiel wird aus einer Aussage in der direkten Rede …

Maria sagt: “Mein Mann arbeitet viel.”

… in der indirekten Rede folgender Satz …

Maria sagt, ihr Mann arbeite viel.

 

Aber auch in Anweisungen, Anleitungen und Wünschen und in einigen festen Redewendungen kommt der Konjunktiv I manchmal zum Einsatz.

 

In welchen Zeiten ist der Konjunktiv I möglich?

Ihr könnt den Konjunktiv I in vier Zeiten bilden:

  • im Präsens
  • im Perfekt
  • im Futur I
  • im Futur II

Einen Konjunktiv I für das Präteritum oder für das Plusquamperfekt kennen wir in der deutschen Sprache nicht. Diese Zeiten sind im Konjunktiv I identisch mit dem Konjunktiv I im Perfekt. Da der Konjunktiv I im Perfekt für alle drei Vergangenheitszeiten gleich ist, wird er oft auch der Konjunktiv der Vergangenheit genannt.

 

Wie bildet man den Konjunktiv I im Präsens?

Ihr bildet den Konjunktiv I, indem ihr den Verbstamm im Präsens nehmt und die Konjunktivendung für die passende Person anhängt. Den Verbstamm bekommt ihr, wenn ihr beim Infinitiv des Verbs die Endung -en wegnehmt; der Verbstamm von ‘kommen‘ ist also ‘komm-‘.

Ihr seht am Beispiel des Verbs ‘kommen‘, dass die Formen des Konjunktivs I und des Indikativs im Präsens bei der 1. Person Singular (ich), bei der 1. Person Plural (wir) und bei der 3. Person Plural (sie/Sie) identisch sind.

Das ist ein Problem, weil man mit dem Konjunktiv I unbedingt zeigen will, dass eine Aussage nicht die eigene Meinung ist, d.h. man will diese Aussage klar als indirekte Rede kennzeichnen.

Deshalb ist Folgendes WICHTIG:

Wenn wir nicht zwischen dem Indikativ und dem Konjunktiv I unterscheiden können, müssen wir den Konjunktiv II statt des Konjunktivs I nehmen.

 

Zum Beispiel kann man diesen Satz in der Indikativform

Der Sprecher: “Die Bundeskanzlerin kommt später.”

problemlos in der Form des Konjunktivs I schreiben …

Der Sprecher sagt, die Bundeskanzlerin komme später.

Denn hier sind die Verben im Indikativ und im Konjunktiv I nicht gleich.

 

Aber  dieser Satz im Indikativ …

Der Sprecher: “Die Minister kommen auch zur Konferenz.”

hat eine identische Form wie der Satz im Konjunktiv I

Der Sprecher sagt, die Minister kommen auch zur Konferenz.

Man kann diese Formen miteinander verwechseln. Deshalb müsst ihr diesen Satz in den Konjunktiv II setzen …

Der Sprecher sagt, die Minister kämen auch zur Konferenz.

Es ist aber auch kein Problem, den Konjunktiv II mit ‘würde’ zu gebrauchen …

Der Sprecher sagt, die Minister würden auch zur Konferenz kommen.

 

Anders ist das jedoch bei den regelmäßigen Verben. Bei diesen Verben ist auch die Originalform des Konjunktivs II nicht verwendbar, weil man sie mit dem Präteritum im Indikativ verwechseln kann.

Deshalb muss man bei den Personen, wo der Konjunktiv I und das Präsens identisch sind, die Form des Konjunktivs II mit ‘würde’ nehmen.

 

Unregelmäßige Formen im Konjunktiv I: Die Verben SEIN, HABEN und WERDEN

Einige wenige Formen des Konjunktivs I sind unregelmäßig. Wichtig sind diese Formen jedoch, weil ihr sie für die Bildung der anderen Zeiten im Konjunktiv I braucht. Diese unregelmäßigen Formen sind die Verben ‘sein‘, ‘haben’ und ‘werden’.

Das Verb ‘sein’ im Konjunktiv I ist komplett unregelmäßig. Deshalb ist es nicht möglich, es mit dem Indikativ Präsens zu verwechseln.

Wenn ihr das Verb ‘sein’ im Konjunktiv I verwendet, braucht ihr deshalb NIE den Konjunktiv II (‘wäre’), weil ihr nie den Konjunktiv I mit dem Indikativ verwechseln könnt.

 

Ein wenig anders ist die Situation bei den Verben ‘haben‘ und ‘werden‘. Diese Verben haben Formen, die man mit dem Indikativ Präsens miteinander verwechseln kann. Deshalb müsst ihr die Form des Konjunktivs II nehmen, wenn die Formen des Konjunktivs I und des Präsens im Indikativ gleich sind.

Wenn ihr für das Verb ‘haben’ im Konjunktiv I Präsens den Konjunktiv II braucht, solltet ihr IMMER die Originalform ‘hätte’ verwenden, aber nicht ‘würde haben’.

Nehmen wir ein Beispiel, wie sich die direkte Rede in die indirekte Rede ändert …

Paul sagt: “Meine Frau hat viel Zeit.” (Indikativ)

Paul sagt, seine Frau habe viel Zeit. (Konjunktiv I)

 

Auch das Verb ‘werdengehört zu den Verben, die für die 1. Person Singular (ich), die 1. Person Plural (wir) und die 3. Person (Plural) den Konjunktiv II in seiner Originalform brauchen, also ‘würde’.

 

Da ihr jetzt die unregelmäßigen Formen kennt, können wir uns den anderen möglichen Zeiten im Konjunktiv I widmen …

 

Der Konjunktiv I der Vergangenheit / des Perfekts

Wenn ihr eine Aussage aus der Vergangenheit mithilfe des Konjunktivs I wiedergeben wollt, solltet ihr das mit dem Konjunktiv I im Perfekt tun. Dafür braucht ihr die Konjunktiv-I-Form der Hilfsverben ‘haben’ oder ‘sein’ und das Partizip II des Verbs. Es funktioniert fast wie beim Perfekt, aber statt des Hilfsverbs im Indikativ nehmt ihr das Hilfsverb im Konjunktiv I Präsens.

Ihr könnt auch hier sehen, dass wir den Konjunktiv II statt des Konjunktivs I nehmen müssen, wenn man das Verb mit dem Indikativ verwechseln kann.

 

 

Der Konjunktiv I im Futur und im Futur II

Den Konjunktiv I könnt ihr auch für beide Zeiten des Futurs bilden. Für das Futur I nehmt ihr die Präsensform des Konjunktivs I von ‘werden‘ und fügt das Verb im Infinitiv hinzu, genauso wie beim Indikativ.

Auch beim Futur I muss wegen der Gleichheit der Verben in einigen Fällen wieder ‘würde’ (Konjunktiv II) anstatt der Form des Konjunktivs I genommen werden, so auch im Futur II …

 


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