bieten und anbieten

Häufig werde ich in meinen Klassen nach dem Unterschied zwischen den Verben ‘bieten‘ und ‘anbieten‘ gefragt. Viele von euch verstehen nicht so gut, wann sie welches der beiden Verben verwenden können, und fragen danach.

Deshalb geht es in diesem Beitrag um die Verben ‘bieten‘ und ‘anbieten‘ und auch darum, wann ihr sie richtig im Kontext gebrauchen könnt. Außerdem stelle ich euch Verben und Nomen vor, die mit diesen beiden Verben verwandt sind.

 

ANBIETEN – Ich habe etwas für dich

Das Verb ‘anbieten‘ ist ein unregelmäßiges und trennbares Verb, das heißt, es ändert seinen Verbstamm in einigen Zeitformen.

Ihr könnt erkennen, dass das Verb im Präteritum und im Partizip Perfekt einen unregelmäßigen Stamm hat. Als transitives Verb wird sein Perfekt und sein Plusquamperfekt mit dem Hilfsverb HABEN gebildet, weil es mit einem Akkusativobjekt (und einem zusätzlichen Dativobjekt) stehen kann.

Da es ein trennbares Verb ist, steht sein Präfix “an-” im Präsens und im Präteritum im normalen Hauptsatz und in Fragen am Ende des Satzes, wie in diesem Beispiel …

Die Frau bot dem alten Mann ihre Brille an.

Was bieten Sie mir an?

In Nebensätzen, aber auch als Infinitiv nach Modalverben und in zusammengesetzten Zeiten wird das trennbare Verb als ein Wort zusammengeschrieben, wie in den folgenden Beispielsätzen …

Ich nehme gerne an, was Sie mir anbieten,

Was kann ich Ihnen anbieten?

Die Firma wird mir mehr Urlaubstage anbieten.

Man hat ihr ein besseres Zimmer im Hotel angeboten.

Sie sollten es lassen mir so etwas anzubieten.

Das Partizip II des Verbs steht mit dem Präfix “ge-“ zwischen beiden Verbteilen. Wenn ihr Infinitivsätze und Finalsätzen mit “um … zu” bildet, müsst ihr “zu” zwischen die beiden Verbteile setzen.

 

Ihr solltet ‘anbieten‘ immer verwenden, wenn ihr ausdrücken wollt, dass jemand etwas hat, besitzt oder zur Verfügung hat, das er einer oder mehreren Personen geben kann. Dies können Gegenstände oder Leistungen (beispielsweise eine Hilfe) sein, wie in diesen Beispielsätzen …

Er hat mir sein Auto angeboten.

Darf ich dir meine Hilfe anbieten?

Ich kann dir anbieten, dich ein Stück mitzunehmen.

Wir bieten heute selbstgemachte Lasagne an.

Man kann aber nur etwas anbieten, was man wirklich hat und geben kann. Das ist aber leider nicht immer der Fall.

Das Nomen zum Verb ‘anbieten‘ ist ‘das Angebot‘, mit dem sich schöne Nomen-Verb-Verbindungen bilden lassen …

Ich mache Ihnen ein Angebot.

Wir unterbreiten dem Partner ein Angebot.

 

Man kann vieles anbieten, temporär oder dauerhaft. Ebenso ist man frei, nur etwas “Angebotenes” nur zu verleihen oder aber zu günstig verkaufen oder zu verschenken. Meistens wird “Angebot” als eine Ware, eine Leistung oder eine Sache verstanden, die besser oder günstiger ist als vorher. Ihr findet “Angebote” vor allem in der Wirtschaft und im Arbeitsleben, aber auch überall da, wo Menschen miteinander verhandeln.

Ein Angebot kann man annehmen oder akzeptieren oder man kann es ablehnen beziehungsweise zurückweisen.

 

BIETEN – Eine Chance, die man nutzen kann

Das Verb ‘bieten‘ müsst ihr ähnlich konjugieren, wie ‘anbieten‘, aber natürlich hat es kein trennbares Präfix. Auch ‘bieten‘ braucht das Hilfsverb HABEN für das Perfekt oder Plusquamperfekt.

Wenn ihr ‘bieten‘ verwendet, sprecht ihr meistens über Chancen, Gelegenheiten (Opportunitäten), Möglichkeiten oder Optionen, die jemandem in einer bestimmten Situation zur Verfügung stehen. Normalerweise sind diese Chancen ein Teil dieser Situation; sie werden also nicht extra von jemandem angeboten, sondern sie sind Eigenschaften, die unmittelbar beziehungsweise direkt zu einer Situation gehören.

Seht euch am besten einige konkrete Beispiele dafür an …

Eine Reise ins Gebirge bietet wunderschöne Ausblicke.

Die Messe bietet den Unternehmen ein hervorragendes Werbepotenzial und beste Verkaufschancen.

In beiden Beispielsätzen sind Aktivitäten mit Gelegenheiten verbunden, die Eigenschaften der Reise und der Messe sind. Die Gelegenheiten gehören also zu den Aktivitäten Man braucht die Chancen nur zu nutzen.

 

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anbieten oder bieten? – Beide sind möglich!

Es gibt aber auch Situationen, in denen beide Verben möglich sind, zum Beispiel hier …

Das Restaurant bietet seinen Gästen frisches Gemüse an.

In diesem Beispiel geht es um “frisches Gemüse”, das das Restaurant auf seiner Speisekarte hat, und bereit ist, seinen Gästen zu geben.

Wenn jedoch gesagt wird …

Das Restaurant bietet seinen Gästen frisches Gemüse.

… ist das “frische Gemüse” eine besondere Eigenschaft des Restaurants, die mit diesem Restaurant verbunden ist. Wenn ihr dieses Restaurant besucht, habt ihr die besondere Chance, frisches Gemüse zu essen.

 

BIETEN – Der Käufer schlägt einen Preis vor

Wenn ihr Fans von Auktionen oder von ebay oder anderen Auktionsplattformen seid, kennt ihr vielleicht noch eine andere Bedeutung für das Wort ‘bieten‘.

Wenn ihr etwas kaufen möchtet und dem Verkäufer einen Preis vorschlagt, dann ‘bietet‘ ihr eine bestimmte Menge Geld für etwas, wie in diesem Beispielsatz …

Michael bietet 20 Euro für das alte Buch.

… oder mit einer schönen Nomen-Verb-Verbindung …

Michael gibt ein Gebot von 20 Euro für das alte Buch ab.

Solche ‘Gebote‘ werden von ‘Bietern‘ und ‘Bieterinnen‘ überall da abgegeben, wo über einen Preis verhandelt wird, zum Beispiel auf Basaren und anderen Märkten oder bei Auktionen, die auch  Versteigerungen genannt werden.

Aber auch, wenn ihr zum Beispiel ein Auto bei einem Autohändler zu einem niedrigeren Preis kaufen wollt, bietet ihr einen niedrigeren Preis. Wenn Verkäufer bereit ist zu verhandeln, wird er über das ‘Gebot sprechen.

Manchmal könnt ihr statt ‘Bieter‘ oder statt der femininen Form ‘Bieterin‘ das substantivierte Adjektiv (der/die) ‘Bietende‘ lesen. Durch die Verwendung dieses Substantives kann man sich geschlechtsneutral ausdrücken.

Jedoch müsst ihr wie bei allen substantivierten Adjektiven die Regeln der Adjektivdeklination beachten. Nach diesen Regeln ist das Substantiv zum Beispiel nach dem unbestimmten männlichen Artikel (ein) ‘Bietender‘.

 

Verwandte Verben zu ANBIETEN und BIETEN

In der deutschen Sprache könnt ihr einige weitere, interessante Verben entdecken, die das Hauptverb ‘bieten’ enthalten, aber mit anderen Präfixen stehen.

 

Das Verb ÜBERBIETEN

Das Verb ‘überbieten‘ steht in einem engen Zusammenhang mit dem Verb ‘bieten‘, in dem Sinn, dass ein Käufer einen Preis vorschlägt, also ein Gebot abgibt.

Wenn es mehrere Interessenten für etwas gibt, kann ein anderer Bieter einen höheren Preis bieten und damit den ersten Bieter überbieten.

Das Verb ‘überbieten’ ist wie ‘bieten‘ ein unregelmäßiges Verb, aber es ist nicht trennbar. Es wird wie ‘bieten‘ konjugiert, steht jedoch mit dem Präfix “über-“. Da ‘überbieten‘ ein untrennbares Verb ist, steht das Partizip II dieses Verbs ohne das Präfix “ge-” zwischen den Wortteilen “über” und “bieten”. Auch wenn vor dem Infinitiv das Wort “zu” nötig ist, steht “zunicht zwischen den Wortteilen. Wie ihr ‘überbieten’ im Satz gebrauchen könnt, seht ihr in den folgenden Beispielen …

Ein anderer Käufer hat mich überboten.

Es ist mir gelungen, die Konkurrenz zu überbieten.

Wir wurden überboten.

Ihr könnt in den Beispielsätzen sehen, dass das Perfekt von ‘überbieten‘ mit dem Hilfsverb HABEN gebildet wird.

Das Verb ‘überbieten‘ steht in Aktivsätzen  immer nur mit einem Akkusativobjekt, das für die Person oder Personengruppe steht, die zu wenig geboten hat.

In Passivsätzen wird aus diesem Akkusativobjekt dann das Subjekt im Passivsatz (Beispiel 3).

 

Das Verb UNTERBIETEN

Das Verb ‘unterbieten’ ist ebenfalls unregelmäßig und untrennbar. Ihr müsst es deshalb genauso konjugieren wie das Verb ‘überbieten‘. Auch ‘unterbieten’ steht im Perfekt und im Plusquamperfekt mit HABEN, weil es ein intransitives Verb ist. Und auch bei diesem Verb sind nur Personen als Akkusativobjekt möglich, wie in diesem Beispiel …

Der andere Autohändler verkauft den Wagen billiger. Er hat mich unterboten.

 

Wenn jemand einen anderen unterbietet, bietet er weniger als der andere. Diese Situation findet ihr normalerweise nicht unter Käufern einer Ware oder Leistung, sondern unter Verkäufern, die eine Ware im Wettbewerb oft möglichst billig anbieten wollen. Der Verkäufer, der den anderen unterbietet, bietet also einen günstigeren Preis an als der andere.

 

Das Verb VERBIETEN

Das Verb ‘verbieten‘ ist ein sehr wichtiges Verb, weil es oft verwendet wird. Ihr könnt ‘verbieten‘ als Synonym für ‘nicht erlauben‘ verstehen. Wenn ihr zum Beispiel sagen wollt …

Ich erlaube dir nicht, in der Klasse zu rauchen.

… kann man das auch mit dem Verb ‘verbieten’ ausdrücken …

Ich verbiete dir, in der Klasse zu rauchen.

Das Verb ‘verbieten‘ ist ein unregelmäßiges Verb, weil es im Präteritum und im Partizip II einen unregelmäßigen Verbstamm hat (“verbot-” und “verboten”).

Da ‘verbieten‘ ein transitives Verb ist, müsst ihr sein Perfekt und sein Plusquamperfekt mit dem Hilfsverb HABEN bilden.

Als solches transitives Verb braucht es immer einen Akkusativobjekt (oder einen Akkusativobjektsatz), mit dem man beschreibt, WAS jemand verbietet.

Man kann aber auch ein Dativobjekt hinzufügen, das die Information gibt, WEM etwas verboten wird. Dafür seht ihr zwei Beispiele (mit und ohne Akkusativobjektsatz als Nebensatz) …

Meine Mutter verbietet mir den Kontakt zu meinem Vater.

Der Mathematiklehrer verbietet den Schülern, mit dem Taschenrechner zu rechnen.

 

Das passende Nomen zum Verb ‘verbieten‘ ist “das Verbot“. Daraus lassen sich einige zusammengesetzte Nomen bilden, die ihr wahrscheinlich schon gehört habt. Zu den bekanntesten zusammengesetzten Nomen mit Verbot gehören beispielsweise …

    • das Fahrverbot
    • das Rauchverbot
    • das Parkverbot
    • das Verbotsschild

Das Partizip II des Verbs (“verboten”) ist als auch Adjektiv verwendbar. Dieses Adjektiv kann dann auch substantiviert werden. Es folgen einige Beispielsätze. in denen das Verb ‘verbieten‘ als  Adjektiv verwendet wird …

Das Rauchen ist im Flugzeug verboten.

In Ihrem Gepáck befinden sich verbotene Gegenstände.

Ich habe nichts Verbotenes getan.

 

Das Verb GEBIETEN

Das Verb ‘gebieten‘ hat nicht direkt etwas mit ‘bieten‘ oder ‘anbieten‘ zu tun, denn sein Verbstamm ist “gebiet-” und nicht “biet-“, wie bei ‘anbieten‘ und ‘anbieten‘.

Dieses Verb hört man heutzutage recht selten in der deutschen Sprache. Das Verb bedeutet “befehlen” oder “zwingen“. Das Verb wurde in der Geschichte vor allem in Kontexten gebraucht, in denen es einen Herrscher gab, der die Autorität oder das Recht hatte, Befehle zu geben.

Früher nannte man einen Herrscher oft den “Herrn und Gebieter“.

Als unregelmäßiges Verb hat ‘gebieten‘ die unregelmäßige Präteritumform “gebot-” und das Partizip IIgeboten“. Das Perfekt und das Plusquamperfekt dieses Verbs müsst ihr mit dem Hilfsverb HABEN bilden.

Das Verb ‘gebieten‘ ist ein Verb, das normalerweise mit einem Akkusativobjekt und einem Dativobjekt steht.

Wenn ihr das Verb verwendet, braucht ihr einen Empfänger des Befehls. Dieser Befehlsempfänger steht im Dativ.

Dagegen ist der Befehl das Akkusativobjekt. Dieses Akkusativobjekt kann aber auch ein Objektsatz sein. Die folgenden Beispiele zeigen die beiden Möglichkeiten …

Der Fürst hat dem Diener geboten, den Gästen das Essen zu servieren.

Der Offizier gebot den Soldaten den Abmarsch.

Noch heute kennen wir die ärztliche Schweigepflicht, die manchmal auch das “ärztliche Schweigegebot” genannt wird.

Zu den bekanntesten “Geboten” der Geschichte gehören aber sicher die “Zehn Gebote” in der Bibel.

 


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