Lesen – vorlesen – ablesen – durchlesen – nachlesen – überlesen – (sich) verlesen

Lest ihr gerne?

Wenn ihr diese Frage mit “ja” beantwortet, dann ist das Verb ‘lesen‘ sicher ein sehr bekanntes Wort für euch. Da die meisten Menschen ‘lesen‘, geht es in diesem Beitrag um das wichtige Verb ‘lesen‘, das mit bestimmten Präfixen einige besonders interessante Bedeutungen hat.

 

Die Konjugation von LESEN

Das Verb ‘lesen‘ ist unregelmäßig, das heißt der Verbstamm des Verbs ändert sich im Präsens in der 2. und der 3. Person Singular.

Auch das Präteritum und das Partizip II für das Perfekt und das Plusquamperfekt haben unregelmäßige Formen.

Da ‘lesen‘ ein transitives Verb ist, müsst ihr das Perfekt und das Plusquamperfekt mit dem Hilfsverb HABEN bilden.

Ihr sollget die Vergangenheitszeiten von lesen‘ jedoch nicht mit denen von ‘lassen‘ verwechseln.

Für das Verb ‘lesen‘ findet ihr in der deutschen Sprache drei Nomen: das Lesen, die Lesung, und die Lektüre.

Die Nomen ‘das Lesen‘ und ‘die Lesung‘ beschreiben vor allem die Aktion oder die Handlung, die stattfindet, wenn jemand liest. Dagegen bedeutet das feminine Nomen ‘die Lektüre‘ mehr das Ergebnis des Lesens. Das Wort bezieht sich auf das ‘Gelesene‘ und oft meinen wir damit auch Texte, die wir lesen. Deshalb werden viele Bücher ‘Lektüren‘ genannt.

Das Verb ‘lesen‘ ändert seine Bedeutung ein wenig, wenn Präfixe davor gesetzt werden. Deshalb lohnt es sich, mögliche Varianten genauer anschauen …

 

VORLESEN

Das trennbare Verb ‘vorlesen‘ könnt ihr gebrauchen, wenn ihr ausdrücken wollt, dass jemand etwas laut liest, damit (eine) andere Person(en) es hören.

Die/der Zuhörer(in) steht als Empfänger(in) des Gelesenen im Dativ, während der Text, der gelesen wird, im Akkusativ steht. Ein sehr typisches Beispiel ist dieses …

Die Mutter liest ihrer Tochter eine Geschichte vor.

Aber auch an Universitäten wird (laut) vorgelesen. Deshalb weiß sicher jede(r) Studierende sehr gut, was eine ‘Vorlesung‘ ist.

 

ABLESEN

Das trennbare Verb ‘ablesen‘ steht in Verbindung mit dem Verb ‘vorlesen‘. Wenn wir einen Text exakt vorlesen, dann lesen wir ihn vom Blatt oder vom Bildschirm ab, wie es oft bei Vorlesungen oder bei anderen Präsentationen passiert …

Der Professor las seinen Text genau vom Blatt ab.

Das bedeutet, dass dieser Professor nur die Informationen auf seinem Papier laut vorgelesen hat, aber nichts geändert und nichts Neues ergänzt hat.

Jedoch lesen gute Redner ihren Text nicht nur vom Blatt ab. Wer ein guter Redner sein will, sollte ‘das Ablesen‘ vom Blatt oder vom Bildschirm möglichst vermeiden.

Das Verb ‘ablesen‘ kann man außerdem verwenden, wenn man ausdrücken möchte, dass jemand Daten, die ein Messgerät anzeigt, liest und notiert. So kann man beispielsweise den Stromzähler oder den Wasserzähler ‘ablesen’ und bekommt bestimmte Werte, die dann für die Strom- oder Wasserrechnung relevant sind.

 

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DURCHLESEN

Das Verb ‘durchlesen‘ solltet ihr benutzen, wenn ihr sagen wollt, dass jemand einen Text, ein Buch, eine Zeitschrift oder Anderes vom Anfang bis zum Ende intensiv lest.

Das heißt, jemand liest den Inhalt so genau, dass er sich viel davon merken kann. Wer beispielsweise studiert, liest sich viel durch. Zwei Beispielsätze zeigen euch, wie ihr das trennbaren Verb ‘durchlesen‘ sinnvoll im Satz gebrauchen könnt …

Ich habe mir die Anweisungen durchgelesen und habe sie verstanden.

Jetzt lesen wir den Text gemeinsam durch.

Das trennbare Verb ‘durchlesen‘ kann sowohl reflexiv als auch nicht-reflexiv gebraucht werden. Man kann also zum Beispiel sagen …

Wir lesen den Text durch.

(nicht reflexiv)

Liest du dir das Buch durch?

(reflexiv)

Wenn dieses Verb reflexiv verwendet wird, bedeutet das, dass man etwas vor allem für sichdurchliest‘. Wenn man das Verb jedoch nicht-reflexiv gebraucht, liest man etwas durch, aber vielleicht nicht nur “für sich”. Außerdem kann man etwas auch kollektiv ‘durchlesen’, zum Beispiel zusammen in einer Gruppe.

Wenn ihr das Verb ‘durchlesen‘ als ein Nomen ausdrücken wollt, steht euch dafür das neutrale Nomen ‘das Durchlesen‘ zur Verfügung.

 

NACHLESEN

Auch das Verb ‘nachlesen‘ ist trennbar.

Ihr verwendet es, wenn man sich an etwas nicht genau erinnern kann oder unsicher bezüglich eines Themas ist. In diesem Fall sucht man die fehlende Information, zum Beispiel in einem Text oder einem Buch, um sich genau(er) zu informieren oder Zweifel zu klären. Man liest also etwas nach, wie in dieser Beispielsituation …

Ich wusste nicht mehr genau, wann Deutschland gegründet wurde. Deshalb habe ich es in einem Buch über die deutsche Geschichte nachgelesen.

Zwei passende Nomen für ‘nachlesen‘ sind ‘das Nachlesen‘ und ‘die Nachlese‘.

Eine ‘Nachlese‘ kann aber auch der analytische Rückblick auf ein Ereignis sein.

Nach einer Wahl analysieren Journalisten und Politiker oft das Wahlergebnis. Das heißt, sie betreiben/machen eine Wahlnachlese. Auch aus der Welt des Sports kennen wir solche analysierenden Rückblicke, die manchmal ‘Nachlese‘ genannt werden.

 

ÜBERLESEN

Wenn ihr etwas lest, kann es passieren, dass ihr bestimmte Informationen aus Versehen nicht seht, ignoriert, beziehungsweise es nicht richtig oder nicht vollständig lest. Um dies auszudrücken, braucht ihr das untrennbare Verb ‘überlesen’, wie in diesen beiden Beispielsätzen …

Ich habe eine Zahl überlesen, deshalb muss ich die Rechnung leider noch einmal lesen.

Ich habe den Satz nicht verstanden, weil ich das Komma überlesen habe.

Die Beispiele zeigen euch, dass ihr das Partizip II des untrennbaren Verbsüberlesenohne -ge bilden müsst.

Meistens verwenden wir dieses Verb in den Vergangenheitszeiten, weil wir Informationen im Moment des Lesens selten bewusst ignorieren wollen, sondern sie meistens aus Versehen ignorieren und das erst später merken. Im Rückblick verwenden wir dann natürlich das Perfekt, das Präteritum oder das Plusquamperfekt.

Ein geeignetes Nomen für ‘überlesen‘ ist das neutrale Nomen ‘das Überlesen‘, welches jedoch selten verwendet wird.

 

SICH VERLESEN

Wenn man ‘sich verliest‘, hat man zwar eine Information gelesen, aber FALSCH gelesen. Man erinnert sich dann an etwas, das nicht oder nicht so im Text steht, wie man denkt.

Aber auch wenn man (laut) vorliest, kann man sich ‘verlesen‘. In diesem Fall klingt die Aussprache eines oder mehrerer Wörter nicht so, wie sie klingen sollten.

Wenn ihr über fehlerhaftes Lesen sprecht, müsst ihr das Verb ‘sich verlesenreflexiv gebrauchen. In Sätzen mit ‘sich verlesen‘ steht kein weiteres Objekt, deshalb steht das Reflexivpronomen im Akkusativ. Im Satz mit ‘sich verlesen‘ kann es aber weitere Angaben geben, wie hier …

Du hast dich an dieser Stelle im Text verlesen. Du solltest die Stelle genauer lesen.

Ein passendes, aber seltenes Nomen zum Verb ‘sich verlesen‘ ist ‘das Sich-Verlesen‘.

 

VERLESEN (nicht-reflexiv)

Das untrennbare Verb ‘verlesenohne Reflexivpronomen wird meistens in offiziellen Situationen gebraucht, wenn jemand eine Erklärung öffentlich vorliest, wie in diesen beiden Beispielen …

Der Pressesprecher der Firma verliest eine Presseerklärung.

Die Richterin verliest die Urteilsbegründung.

Das Verb ‘verlesen‘ ist also sinnvoll, wenn ihr ausdrücken wollt, dass ein offizieller Text in der Öffentlichkeit ohne Ergänzungen oder Änderungen durch eine(n) Sprecher(in) laut vorgelesen wird.

Wenn beispielsweise Ankündigungen textgenau vorgelesen werden, könnt ihr dafür das Nomen ‘Verlesung‘ nehmen, das wir aus der juristischen Sprache kennen …

Die Verlesung des Urteils dauerte 35 Minuten.

 


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